Tagebuch von Constantin | Marathon-Tour 2012

Liebes Tagebuch,

ich bin Constantin, ein Ima-Van, geboren im Jahr 1976. Bis zum Jahr 2009 lebte ich in Portugal, dann holte mich mein Herrchen zu sich nach Herxheim bei Landau in die Südpfalz.

und erweckte mich zu neuem Leben.

Die Fotodokumentation dazu kannst du hier lesen:

Teil 1 und Teil 2, wenn es dich interessiert.

Ich bin der ältere Bruder von Hulda. Sie hat dir ja auch schon mal geschrieben.

Wie das bei Geschwistern so ist, sind wir uns nicht immer einig. Kürzlich haben wir darüber diskutiert, ob so ein klassischer Mini wie wir einer sind, auch nur ein Mensch sei. Was Hulda ja immer behauptet. Also ich möchte überhaupt nicht mit Menschen verglichen werden. Menschen halten sich oft für besser und wichtiger als andere Wesen auf dieser Erde. Und das gefällt mir überhaupt nicht. Wir klassische Minis sind da anders. Wir halten uns nicht für besser oder wichtiger. Wir möchten einfach nur Freude bereiten. Den Menschen, die uns fahren und den Menschen, die uns auf der Straße begegnen. Doch wie die Menschen haben auch wir eine Seele und Gefühle. Also sind wir irgendwie doch wie sie… Oups, ich komme ins Philosophieren, das möchte ich ja gar nicht.

Ich möchte dir einfach nur berichten über meine Marathon-Tour 2012. Mit Herrchen, Frauchen und mit meiner Freundin Lea. Lea ist eine englische Dogge und hat bei mir richtig viel Platz.

Wenn du jetzt denkst, die Marathon-Tour 2012 sei eine Art Oldtimer-Ausfahrt über ca.42 km (entsprechend der Länge des Marathonlaufes) gewesen, dann irrst du dich gewaltig. Meine Marathon-Tour ging fast 5500 km von unserem Zuhause bis nach Marathon in Griechenland, ca.42 km entfernt von Athen und wieder zurück. Weißt du eigentlich, dass der Entwickler des klassischen Mini (hergestellt von 1959 bis zum Jahr 2000), Sir Alec Issigonis, aus Griechenland stammt? Ah, das hat dir Hulda schon erzählt. Dann ist ja gut. Auf jeden Fall ging unsere Fahrt dorthin über Österreich, Slowenien, Kroatien, Serbien, Mazedonien.

Schon Wochen bevor es losging, sprachen Herrchen und Frauchen jeden Abend über die Tour. Herrchen erstellte eine To-Do-Liste, was an mir noch alles geprüft und erneuert werden muss, und welche Ersatzteile gebraucht werden. So ganz nebenbei kann ich dir sagen, dass ich mehr Ersatzteile und Werkzeuge transportiert habe, als Gepäck für Herrchen, Frauchen und Lea. Und dann fiel mir ein, dass wir ein paar Monate zuvor auf unserer Tour zum Internationalen Mini-Treffen nach Ungarn keinen Ersatzreifen für mich dabei hatten. Was aus meiner Sicht ganz schön leichtsinnig war. Ich meine, ich habe lange genug in Portugal gelebt und kenne die Straßenverhältnisse in diesen Gefilden zur Genüge. Irgendwie musste ich Herrchen darauf aufmerksam machen. Und da wir ja in Menschensprache nicht direkt kommunizieren können, versuchte ich es auf andere Weise. Zwei Wochen vor der Tour fuhren wir zu einem ‚Schrauberkumpel’, dem er bei seinem Vergaserproblem half. Auf der Rückfahrt, sorgte ich dafür, dass plötzlich ein Reifen platzte. Natürlich hatte er keinen Ersatzreifen dabei. Also fuhr ich den Rest der Strecke gemütlich auf dem ADAC-Wagen nach Hause. „Vorsichtshalber nehmen wir für unsere Marathon-Tour zwei Ersatzreifen mit“, sagte er an diesem Abend zu Frauchen. Ich gebe zu, das war nicht gerade die feine englische Art, aber gewirkt hat’s!

Am Abend des 14. September stand ich voll bepackt im Hof bereit zur Abfahrt.

Am nächsten Tag um 6 Uhr in der Früh sollte es los gehen. Das war der Plan. Allerdings: Dichter Nebel und die Tatsache, dass sie für mich ja noch gar keine grüne Versicherungskarte hatten, verzögerten die Abfahrt. Nachdem Versicherungskarte organisiert war und Nebel sich verzogen hatte, ging es los. Und nach knapp 30 Kilometern, kurz vor Karlsruhe, standen wir schon im Stau. Na das fängt ja gut an…

Tatsächlich blieb dies unser einziger Stau auf der gesamten Hinfahrt. Doch der Reihe nach. Unsere erste Rast machten wir nach 220 Kilometern in Leipheim. Ja, das habe ich clever gemacht mit meinem kleinen Tank. Da müssen Herrchen und Frauchen öfter Pause machen und Lea nicht so lange ruhig liegen.

Gegen 14.30 Uhr erreichten wir unsere zweite Raststätte in Bad Reichenhall.

Das war schon richtig cool. Mit den schneebedeckten Bergen und so. Die österreichische Grenze war nicht mehr weit.

Ohne große Vorkommnisse fuhren wir durch Österreich. Naja, mehr oder weniger. Im wahrsten Sinne des Wortes turbulent war die Fahrt durch den Karawankentunnel. Da waren riesengroße Turbinen, die mit einem mords Druck frische Luft in den Tunnel pumpten. Das war so heftig, dass ich dachte, mich wirbelt’s davon. Herrchen hatte glaube ich ziemliche Schwierigkeiten, mich auf der Spur zu halten. Die knapp acht Kilometer lange Durchfahrt kam mir wie eine halbe Ewigkeit vor. Ich war froh, als wir es geschafft hatten.

Nun waren wir in Slowenien. In der Nähe von Ljubliana machten wir unsre 3. Rast.

Lea bekam frisches Wasser, Herrchen und Frauchen tranken ein Käffchen. Und Herrchen schaute bei mir nach Wasser und Öl. Und egal, wo wir anhielten, kamen Menschen auf uns zu. „Was ist DAS??? – What is THIS???“ war die meist gestellte Frage. Erst im zweiten Satz stellte sich heraus, ob sie damit Lea meinten oder mich. Egal, Freude hatten alle. Am meisten die Kinder. Sie erkannten mich sofort. „Mr.Bean-Auto“ riefen sie schon von weitem. Und wenn Herrchen dann bei der Weiterfahrt seinen super-duper-Gesichts-Ventilator zum Einsatz brachte, war der Spaß perfekt.

Langsam aber sicher näherten wir uns der kroatischen Grenze. Herrchen und Frauchen entschieden sich, ein Hotel zu suchen. Was gar nicht so einfach war. Entweder durften keine Hunde mit oder es gab keinen bewachten Parkplatz. Erst in Zagreb fanden sie gegen 20.30 Uhr ein Appartement-Hotel,

in dem Lea willkommen war und ich in einer bewachten Tiefgarage sicher stehen konnte.

Wir hatten nun fast 900 km und über 12 Stunden Fahrt hinter uns und waren ziemlich hungrig und durstig. Jaaaa, ich auch!!!! Doch was passierte? Herrchen und Frauchen nahmen Lea und Gepäck und stürmten davon. Typisch Menschen. Denken immer zuerst an sich.

Erst am nächsten Morgen gegen 7.15 Uhr vor der Abfahrt, kümmerte sich Herrchen um mich. Ich brauchte zwar nur ½ Liter Öl und ¼ Liter Wasser, dass er mich allerdings die ganze Nacht darauf warten lies, das wollte ich nicht so einfach auf mir sitzen lassen. Du weißt ja, wir haben da so unsere kleinen Tricks… Warum auch immer (hihi), drehte Herren den Kühlerdeckel nicht mehr richtig auf den Kühler und schwupp-di-wupp war er weg.

Das merkte er aber erst gegen 10.45 Uhr bei der Raststätte Spaceva Lubanja.

Herrchen suchte den gesamten Motorraum ab, fand ihn natürlich nicht. „Also so leicht kommst du mir nicht davon“, dachte ich. Was er bei dieser Gelegenheit allerdings entdeckte war, dass sich eine Achsmanschette gelöst hatte. Tja, da hatte ich sozusagen zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen. „Wenn wir in Marathon angekommen sind, werde ich mich gleich darum kümmern!“, sagte er zu Frauchen.

Nun galt es jedoch erst mal, sich um einen Kühlerdeckel zu kümmern.

Und wie das heutzutage bei Tankstellen so ist, gab es dort natürlich keinen Kühlerdeckel. Ja, früher war das noch anders. Da hatte jede Tankstelle eine kleine Auto-Reparatur-Werkstatt. Heutzutage bekommt man an Tankstellen außer Benzin (und dabei noch nicht mal überall, das, was ich am liebsten mag: Superbenzin mit 100 Oktan) vor allem Zeitschriften, Essen und Trinken und alle möglichen Souvenir-Artikel, die kein Mensch gebrauchen kann. Geschweige denn ein Auto. Naja, Menschen halt…;-)

Nun, ich gebe zu, in meinem neuen Leben sind mir bisher (fast) nur liebe Menschen begegnet. So auch die beiden jungen Männer, die in der Raststätte arbeiteten. Sie waren sehr um einen Ersatz bemüht und dachten scharf nach. Plötzlich hatte einer DIE Idee. Er schnalzte mit den Fingern. Ich sah förmlich die Sternchen über seinem Kopf (wie bei Wickie, wenn der einen Einfall hat. Wickie und starken Männer, falls du das kennst). Er schnalzte also mit den Fingern während er die Hand in die Luft schleuderte und verschwand nach drinnen.

Lea schaute mich an und dann zu Frauchen. Na, da waren wir mal gespannt! Kurz danach kam er zurück. Mit einem Stück zerschnittener Plastiktüte und einem Gummi! Jaaaa! Und er ließ es sich nicht nehmen, beides persönlich auf den Kühler zu „montieren“. „Oh, thank you very much!“, bedankte sich Herrchen höflich. Frauchen grinste. Sie wusste, dass Herrchen wusste, dass wir selbst genügend Plastiktüten dabei hatten. Egal, der Kühler war erst mal einigermaßen dicht und die Fahrt ging weiter. Wir passierten die Serbische Grenze. Doch je länger wir fuhren, umso weniger gefiel mir dieses Provisorium. Eine zerschnittene Plastiktüte in meinem Motorraum, also nein, so hab’ ich mir das nicht vorgestellt.

Ich musste mir etwas einfallen lassen und besprach mich kurz mit dem Navigationssystem. Wir entschieden uns, Herrchen dazu zu bringen, nicht durch Belgrad zu fahren, sondern die Transit-Strecke um Belgrad herum zu nehmen. Frauchen wunderte sich noch: „Komisch, dass uns das Navi nicht durch Belgrad führt. Die Strecke außen ’rum ist doch viel weiter!“ Wenn sie wüsste… Irgendwann standen wir zwischen all den LKWs an einer roten Ampel. Plötzlich rief Herrchen: „Da ist eine Reparatur-Werkstatt. Das gibt es ja nicht!“

Doch, das gab es. Und was es noch gab: Einen nigel-nagel-neuen Kühlerdeckel. Original verpackt! Ja, das gefiel mir schon vieeeeel besser. Es war 13:30 Uhr und wir setzten, alle wieder froh, unsere Fahrt fort.

Flott ging es durch Serbien. Kaum Verkehr und kerzengrade Straßen. Das war so entspannt, dass es schon fast ermüdend war. Die Maut-Stellen entpuppten sich hier als willkommene Abwechslung. Ja, so ist das im Leben: Es ist alles immer für irgendetwas gut!

Gegen 18:30 Uhr erreichten wir die Grenze von Mazedonien. Nun war es nur noch ein ‚Katzensprung’ bis nach Griechenland.

Griechenland zu erreichen war das Tagesziel von Herrchen und Frauchen. Weil kurz nach der Grenze, in Polikasto, gab es ein kleines Hotel, das sie bereits kannten. Der Besitzer war ein netter älterer Herr, der einige Jahre in Deutschland lebte und sehr gut deutsch sprach. Und er kannte Lea.

Die läppischen177 Kilometerdurch Mazedonien sollten doch locker zu packen sein. Naja, theoretisch. Die Bezeichnung ‚abenteuerlich’ ist schmeichelhaft für diese Fahrt. „Da waren Schlaglöcher, da passen zwei Minireifen rein – übereinander!“, erzählte Herrchen später unseren Mini-Freunden und demonstrierte die unglaubliche Tiefe der Schlaglöcher mit weit ausgestreckten Armen. Hinzu kam, dass es regnete und allmählich dunkel wurde. In Baustellen-Bereichen war die erlaubte Höchstgeschwindigkeit mit 40km/h ausgeschildert. Herrchen fuhr 60km/h, was angesichts der Straßenverhältnisse schon ganz schön mutig war, fand ich. Und trotzdem wurden wir von LKWs mit 80-90 km/hüberholt. Genauer gesagt, von Menschen, die LKW’s fuhren… Du weißt, was ich meine: Menschen halt! Ich war froh, als wir gegen 21:00 Uhr die mazedonischen Straßen unbeschadet verlassen konnten. Jetzt nur noch schnell über die griechische Grenze… Ahem, sagte ich gerade ‚schnell’ im Zusammenhang mit ‚Griechenland’? Hahaha!

Nach der mazedonischen Landauswärts-Passkontrolle, kam die griechische Landeinwärts-Passkontrolle. Wir waren also im Prinzip schon über der Grenze, als plötzlich ein lauter Pfiff ertönte. Von einem Grenzbeamten, an dem wir einfach vorbei fuhren, weil er ganz teilnahmslos an einem Tischchen saß und Kaffee trank. Oups, was war das? Herrchen fuhr rückwärts zu dem Herrn, der mittlerweile aufgestanden war und seine Uniformmütze aufgesetzt hatte. Er wollte Papiere sehen. Nicht die von Herrchen und Frauchen, auch nicht meine. Nein, er forderte den Ausweis von Lea. Gefühlte fünf Stunden blätterte er darin herum während er sich immer wieder bückte und hinten ins Fenster schaute.

Er ‚kriegte sich bald nicht mehr ein’ wegen Lea. „Ja was bist du denn für eine Süße“, fragte er wiederholt auf Griechisch, während er mit seinem Zeigefinger gegen die Scheibe klopfte. Lea blieb genauso cool wie Herrchen und Frauchen. Wie viel sie wog, wie viel sie am Tag fraß, ob sie im Haus wohnte und, und, und. In einer Mischung aus Griechisch und Englisch beantworteten sie geduldig lächelnd seine Fragen. Endlich, nachdem er noch seinen Kollegen zum Gucken herbeigerufen hatte, war er zufrieden und wir durften weiter fahren.

Um 21.30 Uhr kamen wir nach der Tagesetappe von fast 1000 Kilometern ziemlich k.o. im Hotel in Polikastro an. Und was glaubst du, was das erste war, das Herrchen gemacht hat? Genau: Bei mir nach Öl und Wasser geschaut…

Hihi, naja, fast. ;-)

Jedenfalls war ich mit ¼ l Öl und ¼ l Wasser zufrieden und die Fahrt ging am nächsten Morgen gegen 9.45 Uhr gemütlich weiter.

Obwohl, von gemütlich konnte anfangs noch nicht die Rede sein. Auf den ersten 60 Kilometern zeigten sich die Straßenverhältnisse nicht viel besser als in Mazedonien. Erst hinter Thessaloniki, als wir Richtung Athen fuhren, wurde die Autobahn vierspurig und sehr gut befahrbar. Kein Wunder, wir fuhren ja schließlich der Hauptstadt Griechenlands entgegen. Da konnte man schon mehr Zivilisation erwarten.

Nach weiteren 450 Kilometern hatten wir es endlich geschafft. Wir waren am Ziel: Marathonas. Juhuuuuu!

Äh, sprach ich nicht eben noch von Zivilisation? Und wo landete ich:

Mitten in der Wildnis! Na toll!!!

Nachdem die Wildnis einigermaßen gelichtet war und wir uns alle von der Hinfahrt erholt hatten, machte ich Bekanntschaft mit Hano. Hano ist eine richtig coole Socke. Ein Honomag-Traktor Baujahr 1967. 

 Auch ihn hat Herrchen im Laufe der Jahre nach und nach zu neuem Leben erweckt.  

So sieht er jetzt aus.

Doch bis er soweit war, und Herrchen sich auch in diesem Jahr um ihn kümmerte, war erst einmal ich an der Reihe. Hano hatte kein Problem damit. „Hey Kumpel“, sagte er, „wir sind doch eine Familie“. Das ist toll.

Ich hab dir ja schon erzählt, dass Herrchen auf der Hinfahrt beim Suchen des Kühlerdeckels entdeckte, dass sich eine Achsmanschette gelockert hatte. Die galt es zu reparieren. „Es wäre gut, wenn ich dafür eine Hebebühne hätte“, sagte er zu Frauchen. Was lag näher, als Poly und Georgios danach zu fragen.

 Poly und Georgios sind Freunde von Herrchen und Frauchen und Besitzer des Strandcafés, in dem wir jeden Tag nach getaner Arbeit das Meer genossen, und das ein oder andere Bierchen. ;-)

Und natürlich konnten sie uns helfen. Georgios, ein Freund der beiden, ist hat eine eigene Autofirma in Athen uns bastelt in seiner Freizeit selbst gerne an Autos. Es war ihm eine Ehre, Herrchen und mich auf sein Gehöft einzuladen. Zwar entpuppte sich die Hebebühne als Hydraulik-Wagenheber, doch Georgios ließ es sich nicht nehmen, die Achsmanschette selbst zu reparieren. Während er am Schrauben war, rief er plötzlich: „Oh, what ist this???“ Unter mir liegend streckte er seine Hand hervor. Nun rate mal, was er gefunden hatte: Ja, meinen alten Kühlerdeckel…hihi. Du glaubst doch nicht, dass ich so ein wertvolles Teil einfach verloren gebe. ;-) Und noch etwas entdeckte Herrchen bei dieser Reparatur. Nämlich, dass die Radaufhängung ausgeschlagen war. Ouh, ouh, das war nicht so schön. Musste er nun wohlmöglich ein Ersatzteil in Deutschland bestellen? Also Herrchen hatte ja so ziemlich alle Ersatzteile dabei, die von Nöten sein könnten. Aber eine neue Radaufhängung natürlich nicht. Er telefonierte mit seinem ehemaligen Meister. Das sei kein Verschleißteil, meinte auch er, „das hält normalerweise ewig!“ Tatsächlich hatte sich die Radaufhängung ‚lediglich’ gelockert. Naja, ganz schön gelockert. Was ja irgendwie kein Wunder war bei den ein bis zwei tausend Schlaglöchern auf der Hinfahrt. Zunächst reichte es erst einmal, sie nachzuziehen. Allerdings zeigte sich, als wir wieder zu Hause in Deutschland waren, dass die Gummilager total verschlissen waren. So etwas hatte selbst der Meister noch nie gesehen.

Wie dem auch sei, nun war ich wieder fit und Frauchen nahm mich mit nach Athen, bzw. nach Kifisia, einem Vorort von Athen. Sie wollte dort das Grab ihres Papas besuchen. Warst du schon mal auf einem Friedhof in Griechenland? Okay, blöde Frage. Ich kann dir sagen, so was hast du noch nicht gesehen.

 Alles absolut akkurat, sauber und ordentlich. Am Weg stehen überall Mülleimer. Und das Beste: Die Menschen werfen ihren Abfall dort hinein! Jetzt sag nicht, dass das doch normal sei. Zumindest nicht in Griechenland. Da wirft jeder einfach alles hin, wo er es gerade los werden will. Ich habe mal mitgehört, als Frauchen den Nachbarn, Georgios, fragte, wo sie denn am besten eine alte Autobatterie, die noch von ihrem Papa in der Garage stand, entsorgen könnten. Seine Antwort: „Es reicht, wenn du die in die Mülltonne vorne an der Straße wirfst, und nicht daneben!“ Ja, der Umweltgedanke scheint noch nicht so in den Köpfen der Menschen hier angekommen zu sein. Und wenn, dann wohl nur da, wo sie liegen, nachdem sie gestorben sind. Aber nicht da, wo sie leben wenn sie leben. Das soll einer verstehen. Na ja, Menschen halt…

Schade irgendwie, denn dies ist so ein schönes Land. Besonders schön war übrigens die Fahrstrecke zurück von Kifisia nach Marathon. Richtig tolle, kurvige Straßen und einen wunderbaren Blick auf’s Meer. Phantastisch.

 Phantastisch ist auch die Taverne, in der Herrchen und Frauchen leckeren Fisch speisen. 

Eines Abends, als wir nach dem Essen wieder nach Hause fahren wollten, standen Pavlov, der Junior-Chef und ein alter Freund von Frauchens Papa, Georgios (du merkst, ein sehr seltener Name hier in Griechenland), bei mir und unterhielten sich. Es stellte sich heraus, dass Georgios Besitzer eines alten Morris, Baujahr 1930 ist. Wow, es wurde sofort vereinbart, das edle Stück am nächsten Tag zu besichtigen.

Georgios fuhr mit ihnen zum Standort des betagten Recken. Falls du jetzt vermutest, das sei eine feine ‚showroom’-mäßige Edelgarage gewesen, irrst du dich ein klein wenig:

Wind und Wetter ausgesetzt, stand er traurig und verwahrlost inmitten anderer schrottreifer Autokarossen. „Ach du meine Güte!“, ich sah förmlich, wie Herrchens Herz blutete. Er erklärte sich sofort bereit den Morris für Georgios zu restaurieren – kostenlos. Georgios wollte ihn jedoch lieber verkaufen. Nächstes Jahr vielleicht. Wir werden sehen…

Tja, zehn erlebnisreiche Tage mit vielen weiteren netten Begegnungen gingen langsam zu Ende. Wir trafen:

…Ukrainische Nonnen, nach dem Baden im Meer.

 

 … Eine Gottesanbeterin bei uns an der Hauswand.

… Einen griechischer Jüngling, …

 

… der mit Lea Freundschaft schloss.

Auch Herrchen fand ihn toll: „Den würde ich am liebsten mit nach Hause nehmen.“

Einmal hat der griechische Jüngling Lea heimlich mit auf Tour genommen, während Herrchen und Frauchen speisten. Plötzlich hörten wir ein paar Tavernen weiter aufgeregte Rufe. Die Menschen dort schienen sich doch tatsächlich gefürchtet zu haben sein vor dem streunenden Pärchen. Kannst du das verstehen? Auf jeden Fall stand die Rückreise nach Deutschland vor uns. Ohne griechischen Jüngling.

Doch bevor es so weit war, machten wir an unserem letzten Tag noch Bekanntschaft mit Jenny, einer ehemaligen Miss Griechenland, wie sie uns erzählte.

Jenny ist eine Freundin von Poly und Georgios. Sie erschien  völlig  aufgebracht im Café. Wild gestikulierend erzählte sie Georgios von einem ‚Beinaheunfall’. Eben auf der Fahrt hierher sei sie von einem entgegenkommenden Auto geschnitten und beinahe in den Graben gedrängt worden. Den Fahrer habe sie erkannt. Einer ihrer Nachbarn. Herrchen und Frauchen kamen mit Jenny ins Gespräch. Sie konnte sehr gut deutsch, da sie früher viele Jahre in Berlin lebte. „Seid auf der Hut und passt auf euch auf“, sagte sie, „es gibt so viele neidische Menschen! Überall!“

Da ich in unmittelbarer Nähe von ihnen stand, konnte ich alles hören und sehen.

 „Na da übertreibt sie aber ganz schön“, dachte ich. Und Herrchen beruhigte sie: „Ich hab’ keine Angst vor diesen Menschen, ich bin schließlich ein Pirat!“ Jawohl! Sag’ es ihr! Wir sind doch ‚die-wilden-minis’! Wir reisen furchtlos durch Länder und übers Wasser. Wir fürchten weder Wind noch Wetter noch Schlaglöcher! Ha, das wäre doch gelacht. Uns kann keiner etwas antun. Einer für alle, alle für einen…Wie??? Oh, entschuldige, ich ließ mich etwas gehen… Zurück zu Realität: Es galt Abschied zu nehmen und ‚adios’ zu sagen.

Am 29. September begann unsere Heimreise. Um mich zu schonen, wurde beschlossen die Route etwas zu ändern und die Fähre zu nehmen. Gegen 9.15 Uhr verließen wir Marathonas. Wir waren ‚on the road again’.

 Und dann, gegen 12.15 Uhr passierte es. Kurz nach Lamia platzte mein linker Vorderreifen. Wir kamen total heftig ins Schlingern. Doch Herrchen reagierte sehr besonnen und lenkte mich auf die Standspur. Das Unangenehme war nun, dass in Griechenland die Standspur wie selbstverständlich als normale Fahrspur benutzt wird. Frauchen sprang gleich mit dem Warndreieck aus dem Auto. Nach nur fünf Minuten ‚Boxenstopp’ ging es weiter. Naja, als früherer Mini-Rennfahrer und Boxenmechaniker hat Herrchen da ja einige Erfahrung. Als er übrigens später zu Hause den geplatzten Reifen neu aufziehen ließ, zeigte ihm der Monteur den kaputten Mantel. „Sag, mal“, fragte er Herrchen „kann es sein, dass da ein Neider am Werk war?“ Im Gummi steckte eine große Schraube. Dass die sich da von allein hineingedreht hatte, war relativ unwahrscheinlich. Oh, oh, wie war das? Ich sag’ nichts mehr. Außer, dass ich froh bin, dass ich in einer glücklichen Familie lebe. Oder, um es mit den Worten von Frauchen zu sagen: „Bin ich froh, dass ich froh bin!“ ;-)

 In diesem Sinne kamen wir ohne weitere Zwischenfälle gegen 17 Uhr in unserem bereits bekannten Hotel in Polikastro an. Ich brauchte 5 ccm DOT4 (Bremsflüssigkeit), 750 ml Wasser und1 lÖl. Alkohol trinke ich ja nur in meiner Freizeit!

 Um 7.30 Uhr am nächsten Morgen ging es weiter. Gegen 7.45 Uhr passierten wir die Mazedonische Grenze. Es war richtig toll, bei Tag durch dieses Land zu fahren. Erstens, weil Herrchen die vielen Schlaglöcher besser sehen konnte und zweitens wegen der wunderschönen Landschaft.

 Und den idyllischen Rastplätzen. 

Um 11 Uhr erreichten wir die serbische Grenze. Relativ flott ging es durch Serbien. Gegen 18 Uhr waren wir in Kroatien und um 18.30 Uhr kamen wir in unserem Hotel in Lipovac an. 

1. Oktober 2012. 9 Uhr. Die Fahrt ging weiter. Jedoch nicht allzu lange. Um 10.45 Uhr, ca.100 kmvor Zagreb war Stillstand auf der Autobahn. Nichts ging mehr. Wegen Bauarbeiten wurde die Fahrbahn im 15 Minuten-Takt voll gesperrt. Doch da wir ja froh sind, dass wir froh sind, nahmen wir es locker. Herrchen hielt das ein oder andere Schwätzchen mit LKW-Fahrern aus der Türkei. Und Lea machte mit ihnen geduldig das „Give-me-five“-Spielchen.  

Naja, irgendwann ging es weiter und gegen 13.15 Uhr erreichten wir die Slowenische Grenze. Auch hier war Geduld angesagt. Lange Schlangen vor dem Grenzübergang. „Also da ist mir ein absoluter Stillstand lieber, wie dieses ewige ‚Stopp-and-Go’!“ Herrchen, Frauchen und ich waren uns einig. Absoluten Stillstand? Ja, den konnten wir haben. Zwei Stunden später. Vor dem Karawankentunnel. Was soll’s? Wieder Zeit für ein Pläuschchen.

„Gesperrt max. 30 min.“ stand in Leuchtbuchstaben vor der Zahlstation.

 

Von LKWs eskortiert fuhren wir schließlich durch den Tunnel. 

 Wir kamen nach Österreich.

 Und immer weiter hinein in dichte Wolken.  

Herrchen und Frauchen entschieden sich, langsam nach einem Hotel zu suchen. Was theoretisch gar nicht so einfach war. Nicht wegen Lea oder mir. Naja, erst ’mal fuhren wir von der Autobahn ab. „Flachau ist gut“, sagte Herrchen. Das erste Hotel war geschlossen. Doch direkt daneben sahen wir Lichter brennen. „Do homs faiii Glick“, meinte die Wirtin. Das Hotel hatte ausnahmsweise noch für diese Nacht geöffnet, da gleich eine Reisegruppe eintraf.

Was wir nicht wussten: Seit dem 1. Oktober war die Sommersaison hier zu Ende und die Hotels eigentlich zu.  

 In dichtem Nebel ging es am nächsten Morgen um 9.15 Uhr weiter. Gegen 10.15 erreichten wir die deutsche Grenze. Jetzt war es nur noch ein Katzensprung bis nach Hause.

Wir fuhren durch Bayern… 

… München. 

Vorbei an Augsburg, um Ulm herum und dann:

Stau kurz vor Stuttgart. Na super! Weiter ging’s im zähfließenden Verkehr. Und es dauerte nicht lange: Wieder Stau kurz nach Pforzheim. So nah vor dem Ziel ein Stau nach dem anderen. Das war eine echte Geduldsprüfung.

 Und dann endlich der erste Hinweis, dass die Südpfalz naht: Abfahrt Richtung Landau. „Juhuuuuu“, Frauchen jubelte. „Jetzt müssen wir nur noch durch Karlsruhe!“ ‚Nur noch’ war gut. Denn bereits direkt nach der Autobahnabfahrt kam die nächste Geduldsprüfung: Stau! 1 ½ Stunden im Schritttempo. Ich war ganz schön am schwitzen. Dann hatte Herrchen ein Einsehen mit mir: „Der Stau geht bestimmt noch mindestens bis zu Rheinbrücke, das kann noch ewig dauern. Armer Constantin!“

Stimmt, ich sollte doch geschont werden. Herrchen fuhr kurzerhand ab. Richtung Leopoldshafen. Zur Fähre. Über den Rhein nach Leimersheim. 

 Die Überfahrt dauerte circa fünf Minuten.

Und zwanzig Minuten später hatten wir es tatsächlich geschafft.

Am 2. Oktober um 18.15 Uhr waren wir zurück in Herxheim.

Fast 5500 aufregende Kilometer lagen hinter uns.

Und was glaubst du, wo wir als erstes hinfuhren? 

Genau! Direkt zum ‚Griechen’!  

 Yeia mas! Auf unsere Gesundheit!

Und auf die Freude!

 

 (12/2012)

Text: Marion Spanoudakis

Fotos: Turhan Kunt und Marion Spanoudakis

2 Gedanken zu “Tagebuch von Constantin | Marathon-Tour 2012

  1. Hi Marco,
    nach viler Arbeit ist er ein tapferer Alltagsgefährte geworden. War nahezu überall in Europa unterwegs. Wie geht es dir? Melde dich mal unter minikunt.de Marco.
    Lieber Gruß!!!

  2. Hallo,
    der Mini ist echt klasse geworden. Freut mich das er einen so guten besitzer gefunden hat. Ich habe Ihnen damals den Mini verkauft.

    Alles Gute aus Portugal
    Marco Fernandes

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